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Fast Food in der Antike: Diese Speisen gab es in Pompeji to go

Vieles, was wir heute über die versunkene Stadt Pompeji und ihre Menschen wissen, mutet fremd und seltsam vertraut zugleich an. Sie waren gar nicht so anders als wir: Sie liebten Brot, ärgerten sich über Graffiti und aßen Fast Food, denn auch in der Antike war Zeit ein knappes Gut.

Fast Food gehörte in der Antike zum Straßenbild.
© IMAGO / Cover-Images

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Imbissbuden und fertiges Essen auf die Hand sind keineswegs nur ein Phänomen der Neuzeit. Fast Food war schon in der Antike ein Verkaufsschlager. Burger und Pommes kamen zwar nicht auf den Tisch, aber Fleisch und würzige Soßen waren schon damals heiß begehrt. In Pompeji, jener Stadt, die vor rund zweitausend Jahren durch einen Ausbruch des Vesuvs verschüttet wurde, machten Forscher spannende Entdeckungen zur antiken Speisekarte to go.

Fast Food in der Antike: ein gutes Geschäft

In einem Zimmer mit kargen Wänden und spartanischer Ausstattung dringt ein warmer Sonnenstrahl durch den Spalt eines Fensters, das nur mit einem sanft wehenden Vorhang bedeckt ist. Ein älterer Herr mit imposantem Bart dreht sich noch einmal in seinem Bett um. Es ist früh am Morgen, wahrscheinlich fünf Uhr, wenige Jahrzehnte nach Christi Geburt.

Das Grundnahrungsmittel in Pompeji war Brot.
Brot war ein Grundnahrungsmittel im antiken Pompeji. Forscher fanden Überreste des sogenannten „panis quadratus“. Seinen Namen verdankt es den vier Einschnitten. Credit: stock.adobe.com/nikhg

Sein Name ist Nicias. Vor vielen Jahren hat er seinem Herrn als Gehilfe in einer der vielen Bäckereien Pompejis gedient. Mithilfe von zwei Holzbalken musste er einen schweren Lavastein drehen und dabei ständig im Kreis laufen – 14 Stunden am Tag. Dunkel und stickig war es in dem Raum, das einem Verlies glich und er mit vier Maultieren und fünf anderen Sklaven teilen musste.

Nach Jahren der Entbehrung ließ ihn sein Herr endlich frei, wohl auch, weil er älter und langsamer geworden war. Doch die harte Arbeit war damit nicht vorbei. Mit Mühe und Fleiß hatte es Nicias zu bescheidenem Wohlstand gebracht. Keinen Tag hatte er sich in all den Jahren freigenommen. Auch heute nicht. Und so greift Nicias an diesem sonnigen Morgen zu seiner Tunika und macht sich auf den Weg zu seinem Imbiss auf Pompejis Fressmeile. Er hat ihn vor einigen Jahren gekauft und kann recht gut davon leben. Auswärts zu essen ist in dieser Stadt nämlich völlig normal. Die wenigsten verfügen über eine eigene Küche in ihren Wohnhäusern, abgesehen von der reichen Oberschicht.

Deshalb florierte das Geschäft mit dem Fast Food in der Antike. Allein 35 Bäckereien muss es in der Stadt am Fuße des Vesuvs gegeben haben. Gut betuchte Kundschaft kaufte dort Weißbrot, die Ärmeren erwarben Schwarzbrot und Grobkörniges. Ein reicher Pompejaner würde angesichts unserer heutigen Vorliebe für dunkles Brot irritiert die Nase rümpfen. Unserem Hanseatenbrot aus Vollkornmehl hätte er keines Blickes gewürdigt, dabei ist es doch so lecker und gesund. Da trifft das zarte Buttermilchbrot schon eher den aristokratischen Geschmack.

Doch der antike Bäcker hatte noch mehr im Angebot: gewürzte, in Milch getauchte Backwaren, die mit Sesam und Anis bestreut wurden, standen hoch im Kurs. Wer Hilfe von Göttin Fortuna benötigte, kaufte beim Bäcker einen kleinen Glücksbringer in Phallusform aus einer Art Lebkuchenteig. Pompejaner waren in Liebesfragen wenig zimperlich und hatten einen ausgesprochen offenen, geradezu tabulosen Umgang mit Sex.

Am heißesten begehrt war jedoch ein Gebäck mit einer Grieß- oder Käsefüllung, die sich nur die Oberschicht leisten konnte. Mit ihrer Liebe zu Brot übertrafen die antiken Italiener sogar die heutigen Deutschen. Dieser isst heutzutage um die 500 Gramm Backwaren täglich, der Pompejaner verspeiste stolze 800 Gramm.

Viel Fleisch, Wein und Brei

Nicias hingegen ist der Appetit auf Brot schon vor langer Zeit vergangen. In seinem Straßenrestaurant bietet er heiße Speisen an. „Thermopolium“ nennen die Pompejaner Imbisse dieser Art, zusammengesetzt aus dem griechischen thermos für heiß und poleo für verkaufen. Mindestens 80 gibt es davon in der antiken Stadt.

Fast Food in der Antike wurde an diesem Stand verkauft.
Dieser antike Fast-Food-Stand in Pompeji sieht aus, als seien hier vor kurzem noch Eintöpfe und verdünnter Wein verkauft worden. Credit: IMAGO / Cover-Images

Doch kein anderer Imbiss ist so schön wie seiner, findet Nicias. Er hat eigens einen Maler beauftragt, um die bunten Fresken an der Wand des Steintresens anzufertigen. In leuchtenden Farben zeigen sie die Meeresnymphe Nereide, die auf dem Rücken eines Seepferdchens sitzt und das Logo seines Lokals darstellt. Nicias mochte die schönen Frauen aus der griechischen Mythologie schon immer, die Schiffbrüchige in ihrer Not beschützen und mit Spielen aufheitern. Die anderen Fresken zeigen zwei Enten und einen Hahn als Hinweis auf die dargebotenen Speisen. Die Tiere werden vor Ort geschlachtet und zubereitet. So können sich die Kunden mit eigenen Augen von der Frische des Angebots überzeugen!

Fast Food ist in der Antike ziemlich rustikal und fleischlastig. Aus Schweine-, Enten-, Ziegen- und Hähnchenfleisch, Schnecken und Fisch bereitet Nicias mit seinen Gehilfen heiß brodelnde Eintöpfe zu, die er in den Auslagen zur Straße hin anbietet. Er verfeinert sie mit getrocknetem Obst, Pilzen, Oliven und Nüssen. Seine Kunden stammen aus der Unter- und Mittelschicht, die alle in kleinen Ein- bis Zwei-Zimmer-Wohnungen hausen und keine Kochmöglichkeiten haben. Das Trinkwasser dieser Menschen stammt aus Brunnen, das Essen aus dem Thermopolium.

Deshalb bietet Nicias auch abgekochtes Wasser zum Verkauf an, damit sich die Kunden zu Hause einen Brei aus Getreide anmischen können. Salzig eingelegter Fisch, gebackener Käse, Linsen und gewürzter Wein gehören ebenfalls zu seinem Angebot. Der wird niemals pur getrunken, das machen nur ungezogene Rüpel, sondern mit Wasser verdünnt. Frauen haben von dem Getränk sowieso die Finger zu lassen. Nicias‘ Verkaufsschlager ist aber das Schweineragout mit Aprikosen. Die Kombination aus herzhaft und süß ist bei seinen Kunden sehr begehrt.

Eine Amphore mit Garum steht auf dem Tresen bereit, denn diese Soße darf bei fast keinem Gericht fehlen. Sie wird aus den Innereien von Fischen zubereitet, die gesalzen in der Sonne fermentieren. Laut dem Geschichtsschreiber Plinius dem Älteren schmeckt Garum „nach nichts anderem als nach Verwesung“, doch das tut der antiken Begeisterung für diese Soße keinen Abbruch.

Nicias‘ Fast Food hatte in der Antike nicht nur Fans

Die Bilder von Nicias‘ Imbiss gingen vor wenigen Jahren als Sensationsfund um die Welt. Sie zeigen einen L-förmigen Steintresen mit eingearbeiteten Löchern, in die die Amphoren aus Terrakotta eingelassen waren. Den Forschern stieg ein starker Weingeruch in die Nase, als sie eine der Gefäße öffneten. Hinter dem Tresen lagen zwei Skelette von Männern im Alter von ungefähr 50 Jahren. Einer hielt den Deckel einer Amphore in der Hand. Ob er der Besitzer war?

Fast Food in der Antike: Detailaufnahme eines Imbissstandes.
Auf einer der Fresken hat sich wohl ein unzufriedener Kunde Luft gemacht: „Nicias schamloser Scheißer“. Credit: IMAGO / ABACAPRESS

In unserer Geschichte ist Nicias aber noch quicklebendig. Während er seinen Blick stolz über die bunten Fresken wandern lässt, fällt ihm etwas an der Darstellung eines Wachhundes auf. Hat jemand etwas über das teure Fresko gekritzelt? Graffiti ist dem Mann ein Dorn im Auge – überall in der Stadt schmieren und ritzen die jungen Leute ihre ungefilterten Gedanken an die Wände.

Er tritt näher und liest verärgert: „Nicias cinaede cacator“. Übersetzt bedeutet die Schmiererei so viel wie „Nicias schamloser Scheißer“. Wohl ein unzufriedener Kunde, der seinem Unmut Luft machen wollte. Heute schreiben wir dafür eine bittere Rezension auf Google, doch das Prinzip ist dasselbe.

Tausende solcher Graffitis haben Forscher in Pompeji ausfindig gemacht. Wir verdanken der florierenden Graffitiszene Pompejis viele interessante Informationen. Wie schon erwähnt, waren Pompejaner den fleischlichen Begierden nicht abgeneigt. Das zeigen Inschriften wie „Ich habe die Wirtin flachgelegt“, „Matrena hat einen guten Hintern“ oder ganz simpel: „Hütet euch vor den Ehefrauen“.

Unsere Figur Nicias ist fiktiv, die Inschrift am Imbiss und sein Schicksal sind es nicht. Tausende Menschen fanden nach dem verheerenden Ausbruch des Vesuvs den Tod. Dabei ist eine einzigartige Zeitkapsel entstanden, die uns einen Einblick in das Leben – und das Fast Food – in der Antike gewährt. Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Pompejaner gar nicht so anders waren als wir. Dass Nicias‘ Name dank dieser Kritzelei bis heute überliefert ist, der Name des Urhebers jedoch nicht, wäre Nicias vielleicht ein bittersüßer Trost gewesen.